Um den Versicherungsschutz bei Wegeunfällen wird häufig gestritten. Eine problematische Fallgruppe des unversicherten Abwegs hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einer aktuellen Entscheidung neu bewertet (Az. L 14 U 164/21).
Ein Mann erlitt auf dem Rückweg von der Arbeit einen schweren Verkehrsunfall. Mit seinem Pkw geriet er auf die Gegenfahrbahn und stieß frontal mit einem Lkw zusammen, wobei er erhebliche Verletzungen erlitt. Der Notarzt stellte bei ihm eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) fest. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Wegeunfalls ab, da der Mann 4 km über seinen Wohnort hinaus unterwegs gewesen sei. Sowohl die Wohnung als auch der Betrieb befänden sich in entgegengesetzter Richtung; folglich habe sich der Unfall auf einem Abweg ereignet. Dieser sei nicht versichert. Dem hielt der Mann entgegen, dass er an Diabetes leide. Zum Unfallzeitpunkt sei er stark unterzuckert und orientierungslos gewesen. Aus diesem Grund sei er an seiner Wohnung vorbeigefahren und auf einen Abweg geraten. An die Einzelheiten habe er keine Erinnerung.
Anders als die erste Instanz hat das Landessozialgericht der Berufsgenossenschaft Recht gegeben. Ein Wegeunfall sei auf direkter Strecke vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst – ein Abweg jedoch nicht. Nur ausnahmsweise könne ein irrtümlicher Abweg versichert sein, wenn seine Ursache allein in äußeren Umständen der Beschaffenheit des Verkehrsraums liege, z. B. Dunkelheit, Nebel oder schlechte Beschilderung. Vorliegend sei der Mann jedoch aufgrund einer inneren Ursache auf einen Abweg geraten, nämlich der Orientierungslosigkeit aufgrund einer Bewusstseinsstörung infolge diabetesbedingter Unterzuckerung. Die Einbeziehung solcher Abwege in die Wegeunfallversicherung würde eine Überdehnung des Versicherungsschutzes auf Arbeitswegen darstellen und dem Sinn und Zweck der Wegeunfallversicherung widersprechen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Landessozialgericht jedoch die Revision zugelassen.
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